Blogbeitrag von Prof. Dr. Jutta Heller: Die Krise als Normalzustand

In einer Welt, die sich zunehmend durch VUCA-Qualitäten auszeichnet – also durch volatility, uncertainty, complexitiy und ambiguity -, wird der Krisenzustand zum Normalzustand für Organisationen. In der VUCA-Welt versagen die bisher gewohnten Muster, in denen auf eine Krise erst eine Art Schockzustand und dann eine Phase der Erholung folgen: Denn kaum hat die Organisation eine Situation im Griff, taucht bereits der nächste Krisenherd auf, bei dem vorhandene Lösungsroutinen nicht mehr greifen.

Das ist im Kern das, was eine Krise auszeichnet: Die übliche, gewohnte Reaktion auf eine Situation funktioniert nicht mehr. Alles läuft aus dem Ruder, wird unkontrollierbar.

Reaktion auf VUCA

Umso wichtiger wird für Unternehmen die Fähigkeit, auch in kritisch erlebten Situationen handlungsfähig zu bleiben und auf Krisenzustände vorbereitet zu sein. Ein wirkungsvolles Resilienzmanagement kann genau das gewährleisten. Jedoch ist Organisationale Resilienz ein hoch komplexes Konstrukt und nicht durch eine einzelne „Stellschraube“ veränderbar. Unterschiedlichste Felder müssen bespielt werden, um die Organi­sation als Ganzes resilienter zu machen. Wo individuelle Resilienz durch gezielte Trainings oder Coachings gefördert wird, müssen zur Förderung organisationa­ler Resilienz zusätzlich verschiedenste Unternehmensbereiche bereit und fähig sein, gezielt zusammenzuarbeiten.

Resilienzmanagement

Da eine Einbe­ziehung der identifizierten Hauptvulne­rabilitäten eines Unternehmens und die dementsprechende Änderung von Unter­nehmensstrukturen sinnvoll sind, stellt ein ganzheitliches Resilienzmanagement eine komplexe Aufgabe und eine Herausforderung dar. Resilienzmanagement sollte nämlich unter anderem:

  • bisherige regelmäßig Vorgehensweisen hinterfragen, zum Experimentieren ermutigen und Fehler als Lernchance nutzen
  • die Entscheidungsfreude unter Unsi­cherheit fördern. 100­prozentig „rich­tige“ Entscheidungen gibt es in einem volatilen Umfeld nicht mehr
  • ein positives Teamklima schaffen – mit umfassender gegenseitiger Information
    und dem Gefühl psychologischer Si­cherheit
  • eine „Sowohl­-als-­auch­-Haltung“ ent­wickeln helfen (Stichwort: Ambiguitätstoleranz)
  • funktionierende Kommunikationswege etablieren und pflegen, Vision und Werte klären
  • Veränderungskompetenz und innere Stärke entwickeln.

Resilienzcoaching: Ein Baustein im Resilienzmanagement

Resilienz-Coaching als spezielle Form des Coachings mit dem Fokus auf Resilienz ist ein wirkungsvolles Instrument des Resilienzmanagements bei Krisenerwartung,  Krisenerleben und Krisenbewältigung von Führungskräften und MitarbeiterInnen eines Unternehmens. Der/die Coachee erarbeitet sich Handlungsoptionen, um mit Krisen umgehen zu lernen und flexibel reagieren zu können. Coaching kann so präventiv eingesetzt werden, um MitarbeiterInnen und Führungskräfte gesund und psychisch stark zu halten. Aber auch bei der Bewältigung akuter kritischer Situationen ist Coaching eine hilfreiche Intervention. In erster Linie wird durch das Coaching eine Stabilisierung erreicht, sodass der/die Coachee wieder in Balance kommt. Im zweiten Schritt folgen die Regeneration und das Lernen aus der Erfahrung. Der Fokus liegt daher auf dem postkritischen Wachstum. Die Lernerfahrungen aus der Krisensituation sollen im Idealfall dauerhaft genutzt und umgesetzt werden.

Im luftleeren Raum ist Resilienzcoaching nicht möglich

Resilienzförderung im Unternehmen ist aber eigentlich nur dann wirksam möglich, wenn eine resilienzorientierte Unternehmenskultur den Rahmen dafür schafft. Organisationale Resilienzentwicklung bedeutet daher in erster Linie Organisationsentwicklung und betrifft nicht nur die individuelle Resilienzförderung bei MitarbeiterInnen und Führungskräften, sondern auch teamübergreifende Resilienz und den (unternehmens-)kulturellen Umgang mit Themen wie „Fehler machen“, „Scheitern“ oder „Gesundheitsvorsorge“. Resilienz-Coaching alleine macht noch keine resiliente Organisation – zu einem wirkungsvollen Resilienzmanagement kann Resilienz-Coaching aber viel beitragen.

 

Prof. Dr. Jutta Heller ist Professorin für Training & Business Coaching an der Hochschule für angewandtes Management. Sie ist Initiatorin und Organisatorin des Erdinger Coaching-Kongresses. Zudem ist Jutta Heller selbständige Beraterin mit dem Schwerpunkt „Resilienz für Unternehmen“ und bietet eine Zertifikatsausbildung Resilienzberatung an. Sie schrieb den Bestseller „Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke.“ (6. Aufl. 2016, GU Verlag) und ist Mitherausgeberin von „Qualität im Coaching“ (2016 Springer Verlag).

 

In ihre Keynote „Resilienz-Coaching: Zwischen „Händchen halten“ für Einzelne und Kulturentwicklung für Organisationen“ werden Sie  am 1. Kongresstag, 16.2.2017 von 09:45-10:25 Uhr einen Überblick über Organisationale Resilienz und Resilienz-Coaching erhalten.