„Coaching in disruptiven Veränderungsprozessen“ ist das Leitthema des 6. Coaching Kongresses der Hochschule für angewandtes Management am 17. und 18. Mai 2019. Hier zur Einstimmung erste Impulse:
Was sind disruptive Veränderungsprozesse?
Ausgangspunkt ist die Unterscheidung zwischen kontinuierlicher Innovation und disruptiver Innovation. Clayton Christensen hat diese Unterscheidung bereits 1997 in seinem grundlegenden Werk „The Innovator’s Dilemma“, Harvard Business School, eingeführt. Eine disruptive Innovation führt ein Produkt oder Service ein, mit dem eine latente, nicht entdeckte Nachfrage erschlossen wird. Mit dem Wachstum dieses neuen Marktsegments können bisherige Produkte verdrängt werden. Beispiel: Sogenannte Financial Technology – Fintech – Unternehmen arbeiten auf der Grundlage innovativer Algorithmen und bieten ein breites Spektrum automatisierter Finanzprodukte an. Damit werden Bedarfsgruppen angesprochen, die durch die klassischen Geschäftsbanken bisher nicht erreicht wurden. Deren Geschäftsmodelle werden durch die disruptiven Start Ups zunehmend bedroht.
Veränderungsprozesse haben damit zwei Perspektiven: Aus der Perspektive des disruptiven Verdrängers stellt sich u.a. die Frage, wie man aus der Innovations-Garage herauskommt und die Märkte erobert. Aus der Perspektive des potenziell Verdrängten wäre u.a. zu fragen, wie die Agilität der etablierten Organisation gesteigert werden kann, um sich schnell und zielsicher an die neuen Herausforderungen anzupassen.
Was hat das mit Coaching zu tun?
Jede Menge! Wir wollen für den Moment (Business-) Coaching – stark verkürzt –als die Begleitung von Führungskräften und Mitarbeitenden bei deren selbst gesteuerten Entwicklungsprozessen verstehen. In disruptiven Veränderungen laufen Entwicklungen nun aber gerade nicht mehr kontinuierlich, sondern diskontinuierlich. Menschen müssten also in ihrem Arbeitskontext die Fähigkeit entwickeln, ihre Aufmerksamkeit sehr häufig neu zu fokussieren. Es wäre voraussichtlich hilfreich, wenn Menschen ihre Fähigkeit weiter entwickeln würden, Disruption besser wahrzunehmen. Diese Wahrnehmungen wären in diskursiven Kommunikationsprozessen gemeinsam zu bewerten und in zieldienliche (Anpassungs-) Handlungen zu übersetzen.
Wie wir aus Forschungsergebnissen der Neurophysiologie, der Kommunikationstheorie, Psychologie und weiterer Gebiete wissen, sind wir Menschen aber nicht „gemacht“ für disruptive Veränderungen. Wir verlassen uns auf Erfahrungen und Muster, die in der Vergangenheit erfolgreich waren. Disruptive Veränderungsprozesse erfordern aber ein Denken aus der Zukunft heraus. Wenn sich also die Rahmenbedingungen für selbstgesteuerte Entwicklungsprozesse so grundlegend verändern, muss sich auch das Coaching verändern. Die dahinter liegende Frage: Ist es überhaupt möglich „Disruption“ zu coachen? Oder braucht es ganz neue Formate?
Was sind Herausforderungen für Coaching in disruptiven Veränderungsprozessen?
Das ist die Kernfrage, die wir auf dem Coaching Kongress diskutieren werden. Eines scheint bereits jetzt klar: Es wird notwendig, das ein- oder andere Muster im Coaching zu hinterfragen.
Otto Scharmer spricht in seiner Theory U von mehreren „Trennungen“. Er bezeichnet damit die Lücke zwischen dem, was man sich allgemein erhofft und dem, was man durch Anwendung des bisherigen Veränderungsverständnisses erhält. Weil wir in Mustern aus der Vergangenheit heraus agieren. Diese Idee von „Trennungen“ könnte auch für das Hinterfragen von Coaching interessant sein:
Wie sieht es z.B. mit der Trennung von Individual- und Organisationscoaching aus? Mit der Trennung zwischen Handeln aus gelernten Mustern versus Handeln aus der unbekannten Zukunft heraus? Wie bewahren wir ein System, indem wir es kontinuierlich verändern? Wie geht man im Coaching mit der unterschiedlichen Wirk-Logik auf der individuellen versus der Organisations-Ebene um?
Fragen über Fragen… Auf dem Kongress werden natürlich auch Antworten geliefert. Wir betrachten z.B. einen mehrjährigen integrativen Veränderungsprozess in einem mittelständischen Unternehmen. Der Referent zeigt auf, wie ein disruptiver Schock überwunden wurde. Nach einem kurzfristigen dramatischen Umsatzeinbruch hat sich das Unternehmen in einen mehrjährigen ganzzeitlichen Selbstentwicklungsprozess begeben, der zu einer Erfolgsstory wurde. In einem World Café diskutieren wir, wie solche agilen Organisationen in der Zukunft aussehen können. Und welche Bedeutung Ganzheit und Sinn dabei haben. Die Mitglieder des Kongress – Konzeptionsteams moderieren und bringen den wissenschaftlichen Forschungsstand in die Diskussion ein.
Wir gehen auch dahin, wo es wehtut. Disruptive Umbrüche in Organisationen führen zu strukturellen Kränkungen der Mitarbeitenden, die sich in ihren bisherigen Erfolgsmustern verletzt fühlen. Es wird darum gehen, wie diese strukturellen Kränkungen im Coaching bearbeitet werden können. Es wird aber auch um die Reflexion gehen, ob Coaching und Beratung in der Krise sind. Wie sieht es aus mit der Wirksamkeit von Coaching in disruptiven Veränderungsprozessen?
Die Welt ist schwierig, komplex, widersprüchlich?! Wir diskutieren auch eine andere Sicht: „Disrupt yourself,“ ruft ein Keynoter aus, „nutze als Coach (!) die Chance, Disruption als Anstoß für die eigene Entwicklung zu verstehen!“ Forschungserkenntnisse aus dem Schemacoaching zeigen, dass disruptiver Wandel schwierig ist, dass es aber Interventionen gibt, wie er (trotzdem) gelingen kann.
Seien Sie gespannt auf die nächsten Blogbeiträge.
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