Beitrag von Frank Voggenreiter und Florian Halmburger

Lassen Sie mich damit beginnen zu erklären, warum ich den Begriff „Disruption“ nicht mag. Er bezeichnet die Unterbrechung der Routine – für mich ist das in einem idealen agilen Umfeld der Impuls zu Innovation. Wo altes unterbrochen wird, entsteht eine Lücke, in der sich etwas Neues bilden kann. Die Krux daran ist, es ist unvorhersehbar wann diese Lücke entsteht; die Frequenz der Veränderung ist inzwischen extrem hoch und zudem sind die Voraussetzungen für Veränderungsbereitschaft in den meisten Unternehmensumfeldern nicht gegeben.

Veränderungen wirken sich immer auf das gesamte Unternehmensumfeld aus

Bereits Peter Senge (1990) beschreibt sehr treffend, dass Veränderungen sich immer auf das gesamte Unternehmensumfeld auswirken und wenn, wie es häufig der Fall ist, Organisationen starre Systeme bilden, in denen dann Individuen agil agieren sollen, kracht es. Als Praktiker in einem globalen Konzern sehe ich ständig, dass dies um mich herum passiert. Crossan, Lane und White führten 1999 in ihrem I4-Framework aus, dass Veränderung einen bidirektionalen Flow an Informationen zwischen Individuen, Teams und Organisationen voraussetzt, eine Fluidität des Wissens. Auch hier erkenne ich häufig, dass die Anforderungen der aktuellen Veränderungsfrequenz in den Organisationen noch lange nicht ausreichend umgesetzt werden. Information wird nicht hinreichend in Wissen überführt und was heute richtig ist, wird auch noch zu lange als gültig postuliert. Die Selbsterneuerung von Wissen in unseren Organisationen ist also zu langsam. Nonaka, Toyama, Hirata (2008) erklären schlüssig, dass genau dieser Prozess, Information in Wissen umzuwandeln nötig ist, um Kreativität und Innovationsfähigkeit freizusetzen.

Disruption umgehen

Um also erfolgreich mit Disruption umgehen zu können und das kreative Potential freizusetzen, benötigt es dringend die Fähigkeit von Organisationen, die Geschwindigkeit der Wissenserneuerung an die Geschwindigkeit der Veränderung anzupassen. Man kann auch sagen, der chaotische Alltag des Mitarbeiters und die Vision der Veränderung des Unternehmens muss in Einklang gebracht werden. Selbst das wird nicht erreicht – und nun kommen auch noch disruptive Veränderungen, die weder Teil einer Vision waren, noch vorhergesehen wurden. Es ist also wichtiger als je zuvor, sowohl die Organisationsform als auch die Individuellen Kompetenzen so zu entwickeln, dass Wissen so schnell es geht auf allen Ebenen gebildet und abgeglichen werden kann. Aus meiner Sicht (2015) benötigt man also Information und die Verarbeitung zu Wissen, Teilnahme aller Organisationsebenen an dieser Wissensverarbeitung und einen Lernprozess, der die Erneuerung von Wissen zum Ziel hat. Mitarbeiter müssen verstehen können, warum Veränderungen passieren; sie müssen diese Veränderung weitestmöglich eigenverantwortlich umsetzen und dabei die Chance haben, neue notwendige Fähigkeiten zu erlernen. Coaches spielen im Alltag hier eine wichtige Rolle: wenn sie die Selbständigkeit im Prozess unterstützen, dann helfen sie, diesen Selbsterneuerungsprozess zu gewährleisten.

 

Quellen:
und Florian Halmburger http://www.makeworkagile.de
Crossan, M., Lane, H. and White, R. (1999) ‚An Organizational Learning Framework: From Intuition to Institution‘, The Academy Of Management Review
Nonaka, I., Toyama, R. and Hirata, T. (2008) Managing Flow – A process Theory of the Knowledge-Based Firm, Hamshire: Palgrave Macmillan.
Senge, P.M. (1990) The Fifth Discipline, Currency.
Voggenreiter, F. (2015) A research investigation into the use of Knowledge Management and its impact on factors for change readiness, Liverpool University